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Kannst du dich noch an deine Grundschulzeit erinnern? Es gab sie damals schon: die Kinder, die auf dem Schulhof andere herumschubsten und immer bestimmen durften, welches Spiel gespielt wird. Doch auch jetzt als Erwachsene treffen wir noch häufig auf diese Charaktertypen, und hegen eine Faszination für starke politische Machthaber oder charismatische Geschäftsleute. Sie alle scheinen die magische Fähigkeit zu haben, andere Menschen zu beeinflussen und die Macht an sich zu reißen.

Was ist nur ihr Geheimnis? Ist es Glück oder Zufall? Waren sie einfach zur rechten Zeit am rechten Ort? Oder ist da noch etwas anderes?

Robert Greene führte intensive Recherchen zu Politik, Psychologie und Geschichte der Menschheit durch und studierte dabei die Wege, auf denen Macht erlangt und verteidigt wurde. Er analysierte genau, nach welchen Mechanismen Könige, Generäle und Politiker zu Macht kamen und identifizierte dabei 48 Gesetze der Macht. Einige dieser Gesetze sind aus heutiger Perspektive ethisch gesehen höchst fragwürdig, verhalfen aber in der Vergangenheit etlichen Machthabern zu ihrem Status.

1. Wer aufsteigen möchte, sollte seinen Vorgesetzten schmeicheln.

Wie erlangen wir Macht und Ansehen von Höhergestellten? Intuitiv sagst du vielleicht: Indem ich ihnen beweise, dass ich viel draufhabe und sie mich dann befördern. Das ist aber keine gute Idee. Alle mächtigen Menschen wollen im Mittelpunkt stehen und du solltest dich hüten, sie in den Schatten zu stellen. Daher ist es unklug, sie, um jeden Preis beeindrucken zu wollen, und damit das Aufsehen auf dich selbst zu ziehen und ihren Stolz zu verletzen.

Schauen wir uns die Beziehung des französischen Königs Ludwig XIV. und seinem Finanzminister Nicolas Fouquet an. Als schlauer und loyaler Berater wurde Fouquet schnell unersetzlich, doch er wollte mehr.
Um die Gunst des Königs zu gewinnen, veranstaltete Fouquet einen pompösen Ball in seinem extravagant ausgestatteten Chateau – so konnte er präsentieren, wie einflussreich er war und welch gute Kontakte er pflegte.

Am nächsten Tag wurde Fouquet auf Befehl des Königs wegen Korruption verhaftet.

Es ist besser, deinen Vorgesetzten nicht beeindrucken zu wollen. Doch wie gewinnst du ihn dann für dich? Eine bessere Strategie ist es, die machthabende Person schlauer auszusehen zu lassen als alle anderen – dich eingeschlossen. Schmeichelst du deinem Vorgesetzten, wird er deine Gesellschaft lieben und dich fördern, wo er kann.

2. Präsentiere die Arbeit anderer als deinen Verdienst und streiche die Gewinne dafür ein

Warum sollten wir unsere eigene Energie verschwenden, wenn wir auch andere für uns arbeiten lassen können?

Diese Strategie ist nicht besonders neu: Ein Beispiel liefert der Erfinder Thomas Edison. Er hatte in seinem Team einige begabte Wissenschaftler versammelt, unter anderem den Serben Nikola Tesla. Tesla war es, der die recht primitiven Dynamos von Edison so weiterentwickelte, dass sie tatsächlich funktionierten. Dafür verbrachte er über mehrere Monate hinweg seine Tage und teilweise auch die Nächte im Labor. Als es Tesla endlich gelungen war, die Dynamos ans Laufen zu bringen, stieg Edison auf die große Bühne und präsentierte die neuen Entwicklungen als seine eigenen.

An dieser Methode hat sich wenig geändert. Denken wir nur an die Reden von Politikern: Natürlich schreiben sie sie nicht selbst, sie bezahlen jemanden dafür, feurige Worte für sie zu finden.

3. Wenn du dich als Freund ausgibst, aber als Spion handelst, kannst du Einfluss auf andere gewinnen

Am besten können wir uns von Rivalen befreien, indem wir sie kennenlernen und so viel Wissen wie möglich über sie sammeln. Denn nur so ist es uns möglich, ihre nächsten Züge einzuschätzen und ihnen mit unserer Strategie zuvorzukommen.

Das Sammeln von Informationen war schon immer eine beliebte Strategie, um Macht über jemanden zu gewinnen – denken wir nur die Arbeit von Geheimdiensten. Doch nicht nur Staaten, sondern auch Privatpersonen können durchaus davon profitieren, jemanden auszuspionieren.

Du musst nicht unbedingt jemanden bezahlen, um Auskünfte über dein Zielobjekt zu erlangen. Noch besser ist es, wenn du selbst den Spion spielst. Das funktioniert ganz einfach, indem du dich als Freund ausgibst. Diese Strategie ist auch weniger riskant, denn so kannst du dir sicher sein, dass du auch die korrekten Hinweise erhältst.
Sobald du erst einmal das Vertrauen deines Rivalen gewonnen hast, wird er dir freiwillig alle Informationen liefern, die du brauchst, um ihn aus dem Rennen zu werfen.

4. Handle unvorhersehbar, um die Konkurrenz zu verwirren

Unberechenbare Handlungen können deine Konkurrenz ganz schön aus dem Konzept bringen, denn Menschen lieben Pläne und Strategien. Wer unberechenbar ist, zwingt sie dazu, all diese Pläne aufzugeben – plötzlich schwimmen sie orientierungslos in der Situation und wissen nicht, was sie als nächstes tun sollen.

In einer Konkurrenzsituation wird dein Gegner vermutlich zunächst versuchen, deine Gewohnheiten und Entscheidungen zu durchschauen, um diese Information später gegen dich zu verwenden. Der beste Schachzug ist in so einem Fall, etwas Unerwartetes zu tun. Indem du gegen deine Gewohnheit handelst, machst du es deinem Widersacher schwerer, dich einzuschätzen – das wird ihn einschüchtern und verunsichern.

Ein Mann, der diese Disziplin meisterhaft beherrschte, war der amerikanische Schachspieler Bobby Fischer. 1972 sollte er gegen den russischen Champion Boris Spasski bei der Schachweltmeisterschaft in Island antreten. Fischer wusste, dass Spasskis Stärke darin lag, routinierte Abläufe des Gegners genau zu studieren und seine nächsten Züge vorherzusehen.

Daher gab sich Fischer selbst als vollkommen undurchschaubar. Zuerst streute er Gerüchte, dass er es vielleicht nicht nach Reykjavík schaffen würde, und dann erschien er abgehetzt auf den letzten Drücker beim Turnier, nur eine Minute bevor das Spiel abgesagt worden wäre. Anschließend beschwerte er sich über alles: Das Licht sei zu hell, der Stuhl zu unbequem, es sei zu laut. Als das Spiel endlich begann, machte er einige Schusselfehler und gab vorzeitig auf. Das verwirrte Spasski noch mehr, denn Fischer war für seine Hartnäckigkeit bekannt. Spasski hatte keine Ahnung, ob Fischer wirklich so schlecht war oder einfach nur bluffte.

An dieser Stelle hatte Fischer Spasski genau da, wo er ihn haben wollte: Sobald dein Gegner verwirrt ist, ist es ein Kinderspiel, zu gewinnen.

5. Kapitulieren ist oft geschickter, als einen aussichtslosen Kampf zu führen

Es gibt immer einen, der schneller, stärker oder mächtiger ist als du. Die meisten Menschen kämpfen in solch einer Situation bis zum bitteren Ende – doch das ist nicht der richtige Weg zur Macht. Was solltest du stattdessen tun, wenn du einem mächtigeren Gegner begegnest?

Gib auf.

Diese Strategie mag zunächst seltsam erscheinen, denn Menschen sind dazu programmiert, sich instinktiv zu verteidigen. Doch wenn dich jemand angreift, gegen den du keine Chance hast, ist es cleverer, einfach zu sagen: „Okay, du hast gewonnen!“ So sparst du Zeit, wertvolle Kräfte, riskierst keine größeren Schäden und hast mehr Energie für das nächste Zusammentreffen.

Ein weiterer Vorteil: Du verwirrst deinen Gegner, wenn du auf Aggression nicht mit Gegenaggression reagierst. Er wiegt sich in dem Glauben, gewonnen zu haben, und schenkt dir keine weitere Beachtung, während du bequem die Gelegenheit nutzt, um deinen nächsten Schritt zu planen.

6. Wer wie ein Boss behandelt werden möchte, sollte sich auch so verhalten

Stehst du eine Stufe höher in der Karriereleiter als andere? Dann solltest du dich auch so verhalten – es sei denn, du möchtest gern als einer von ihnen wahrgenommen werden. Und selbst, falls du das möchtest, ist ein kleiner Rat zur Vorsicht geboten: Vorgesetzte, die sich mit ihren Mitarbeitern auf eine Stufe stellen wollen, ernten keinen Respekt, sondern oft Verachtung.

Das Schicksal bringt die meisten Menschen in genau die Position, gemäß derer sie sich verhalten.

Vorgesetzte, die so tun, als seien sie auf gleicher Ebene mit den anderen, ernten überdies Misstrauen. Die Mitarbeiter denken simpel: Wenn sie der Boss ist, muss sie das auch zeigen. Wenn sie so tut, als sei sie einer von uns, ist das eine Lüge und sie führt irgendetwas im Schilde.

Also was ist die bessere Taktik?

Mache es umgekehrt: Benimm dich wie ein Adliger, der anderen überlegen ist, und die Menschen um dich herum werden dir glauben, dass du es bist.

7. Menschen lassen sich durch Verführung viel mehr beeinflussen als durch Zwang

Stell dir vor, du bist Zhuge Liang, Chefstratege des alten Chinas zur Zeit der drei Reiche. Soeben wurde das Reich im Süden von König Meng Huo angegriffen, und es ist nun deine Aufgabe, ihn zu stoppen und das Reich zu retten. Was du jetzt auf keinen Fall tun solltest?

Zwang, z.B. in Form von Gewalt und ein Gegenangriff, ist nie eine weise Taktik, auch wenn er auf den ersten Blick die einfachste Wahl darstellt. Spielst du nämlich deine Macht aus und zwingst Menschen in die Knie, schürt das nur Widerstand und Verachtung. Liang hatte gute Chancen, Meng Huos Soldaten zu besiegen, doch er wusste, dass er dessen Hass auf China bei einem Angriff noch mehr anstacheln und das Land anschließend konstant Angriffen aus dem Süden ausgesetzt sein würde.

Daher entschied er sich für eine andere Strategie – nämlich die der Verführung. Menschen werden zu einem großen Teil von ihren Emotionen geleitet. Wenn du es verstehst, mit diesen zu spielen, kannst du sie dazu bringen, in deinem Sinne zu handeln – und das ganz aus freien Stücken.

Das funktioniert bspw., indem du deinen Gegner wie Liang bedrohst und ihn dann aber entgegen seinen Erwartungen gütig behandelst.

Dadurch wurde Meng Huo so dankbar und fühlte sich gegenüber dem chinesischen König verpflichtet, sodass er schließlich aus freiem Willen aufgab und an der südlichen Grenze seitdem Frieden herrschte.

8. Auf deinem Weg zur Macht solltest du Freunden misstrauen und mit Feinden kollaborieren

Wenn du dich beruflich an einer entscheidenden Weggabelung oder in einer schwierigen Position befindest und Unterstützung brauchst, ist es ganz natürlich, dass du dir Freunde zu Hilfe holen möchtest. Wer sonst sollte dir in der Zeit von Strapazen beistehen als ein guter Freund? Wenn wir ehrlich sind: Jeder andere ist besser geeignet.

Es ist ein verbreiteter Fehler, auf seine Freunde zu zählen. Der Grund dafür ist ziemlich simpel: Freunde neigen dazu, sich selbst mit dir zu vergleichen und beneiden dich für das, was du hast. Daher ist die smartere Strategie, sie auf Abstand zu halten, sobald du Macht anstrebst.

Doch wenn nicht Freunde zu Verbündeten machen, wen dann?

Es mag eigenartig klingen, aber die beste Idee ist, mit deinen Feinden zu kollaborieren und damit dein Einflussgebiet zu erweitern. Im Jahr 1807 kam der französische Außenminister Talleyrand zu dem Schluss, dass Napoleon seine Macht über das Kaiserreich langsam verlor. Also beschloss Talleyrand, ihn zu stürzen, doch für dieses gefährliche Unterfangen brauchte er einen Komplizen.

Er fand den perfekten Partner in Polizeiminister Joseph Fouché, der lange zu Talleyrands politischen Gegnern gezählt hatte und ein harter Rivale unter Napoleons Gefolgsleuten darstellte. Die Zusammenarbeit funktionierte trotzdem bestens, da beide Männer sich einig waren, dass Napoleons Untergang kurz bevorstand und Frankreich eine neue Führung benötigte.

Während Talleyrand Napoleons diplomatische Beziehungen mit Russland untergrub, arbeitete Fouché mit Großbritannien, um die Machtstellung des Kaisers weiter zu schwächen. Es gelang ihnen schließlich, Napoleon zu stürzen und Talleyrand brachte es zu einem einflussreichen Ministerposten unter der neu eingeführten Regierung.

9. Überzeuge Menschen durch ausgefuchste Aktionen statt ausschweifender Argumentationen

Hitzige Debatten, die die ganze Nacht andauern, führen meistens zu gar nichts, außer dass schließlich eine Person beleidigt das Handtuch wirft. So manch sture Persönlichkeit verbucht so einen Ausgang als Sieg, aber das ist es mitnichten.

In Wirklichkeit ist es komplette Zeitverschwendung, andere durch Debatten zu überzeugen. Und es kann sogar gefährlich sein, wenn diese Personen Macht haben.

Es ist nicht genug, Recht zu haben und dies anderen Menschen durch Worte begreiflich zu machen. Eine klügere Herangehensweise ist es, Menschen durch raffinierte Taten zu überzeugen. Mit ein bisschen Köpfchen fällt dir sicher eine Maßnahme ein, die sicherstellt, dass deine Message ankommt, dein Gegenspieler aber dennoch glaubt, du seist seiner Meinung.

10. Wenn du eine Person um Hilfe bittest, appelliere an ihren Eigennutz, nicht ihr Wohlwollen

Macht zu haben ist kein leichter Job, und wenn du erfolgreich sein willst, musst du ab und zu andere um Hilfe bitten. Es ist allerdings entscheidend, wie du fragst. Natürlich könntest du einfach an das gute Herz der Leute appellieren – das wäre allerdings ein Fehler.

Eine machtvolle Person einfach zu bitten, das Richtige zu tun, funktioniert meist nicht. Sprich lieber ihre Interessen an, wenn du etwas von ihr verlangst. Das ist für viele Menschen eine knifflige Angelegenheit, denn um den Eigennutz anderer zu sehen, muss man erst einmal die Fähigkeit haben, über seine eigenen Interessen hinwegzusehen.

11. Ständige Verfügbarkeit macht unattraktiv; durch Abwesenheit erhöhst du dein Ansehen

Fast jeder, der sich schon einmal auf Partnersuche begeben hat, war an einem Punkt frustriert und von der menschlichen Natur enttäuscht. Es gibt dieses ungeschriebene paradoxe Gesetz in der Liebe: Rufst du deine neue Flamme sofort an, verliert sie das Interesse, machst du dich dagegen rar, wird sie vor Verlangen fast verrückt. Dieses Prinzip gilt allerdings nicht nur in der Liebe – es ist ein weiteres grundlegendes Gesetz der Macht. Es klingt zwar etwas simplifiziert, aber: Je verfügbarer du bist, desto weniger interessieren sich die Menschen für dich, und desto weniger Macht übst du auf sie aus.

Im 8. Jahrhundert v. Chr. war Medien, ein Gebiet im heutigen Iran, von Bürgern bewohnt, die einflussreiche Monarchen oder machtvolle Herrscher grundsätzlich ablehnten. Doch ohne einen Herrscher oder eine Regierung war politisches Chaos in der Region unvermeidbar.

Während dieser Zeit politischer Wirren trat laut Herodot ein gewisser Deiokes auf den Plan und bot den Bürgern an, zwischen rivalisierenden Parteien zu vermitteln und ihnen bei der Lösung von Konflikten zu helfen. Durch diese Unterstützung war Deiokes bald überall bewundert und beliebt. Nach einiger Zeit begannen die Menschen jedoch, seine Arbeit für selbstverständlich zu nehmen und dachten nicht daran, ihm dafür im Gegenzug mehr Einfluss zu verschaffen. Schließlich waren sie immer noch gegen die Idee eines einzigen mächtigen Herrschers. Und da Deiokes immer zuverlässig half, bedarf es keiner Notwendigkeit, ihre Einstellung zu ändern.

Es war Deiokes noch nicht gelungen, ein Schlüsselgesetz der Macht anzuwenden: Erst wenn du in der Versenkung verschwindest, merken die Leute, wie wertvoll du bist, und bemühen sich um dich. Deiokes begriff schließlich, dass ein Rückzug die einzige Möglichkeit war, sich die Anerkennung, die er verdiente, zu verschaffen.

12. Anstatt dich bei Gefahr zu isolieren, umgib dich lieber mit denjenigen, von denen deine Macht abhängt

Wenn sich in der Nähe offensichtliche Feinde aufhalten, ist es natürlich, dass Menschen nach Schutz suchen. Es ist verlockend, dann einfach eine Festung mit Burggräben um sich herum zu bauen und sich darin zu verstecken. Doch Isolation in solchen Zeiten ist kontraproduktiv und gefährlich. Denn mit hohen Burgmauern verbaust du dir ebenfalls den Weg zu Macht und Einfluss.

Es ist unmöglich, Macht anzuhäufen, wenn du dich einigelst und nicht mitbekommst, was um dich herum passiert.

Isolation ist keine Lösung. Du solltest dich stattdessen mit den Menschen umgeben, von denen deine Macht abhängt.

Fazit:

Jeder strebt nach Macht. Um sie zu gewinnen, sind verschiedene Strategien möglich: Manchmal ist es gewinnbringend, den richtigen Leuten zu schmeicheln und andere herablassend zu behandeln. Manchmal ist unvorhersehbares Handeln erfolgversprechend, dann wieder die Kapitulation. Am wichtigsten ist es, zu lernen, in welcher Situation welche Strategie am sinnvollsten ist.


Dieser Vortrag ist inspiriert vom Buch „The 48 Laws of Power“ von Robert Green und soll über Macht- und Manipulationsmethoden aufkären, die auch gerne in der Piratenpartei an der Tagesordnung sind.