Posted on

Seit einigen Jahren erhalten wir immer wieder Gerüchte und Klagen über angebliche Affären und Fehlverhalten von Piraten in der internationalen Bewegung, insbesondere in den Institutionen European Pirate Party (PPEU) und Pirate Parties International (PPI).

Diese Vorwürfe haben einen gemeinsamen Nenner: Menschen aus Deutschland sind die Missetäter. Alles böse (alte) Männer, die den ganzen Tag nichts anderes zu tun haben, als frauenfeindliche Aktionen zu planen und möglichst verletzend umzusetzen oder sich an dem ungeheuren Vermögen der Piratenbewegung zu bereichern.

Ernsthaft?

Seit der Gründung der Weltorganisation PPI in 2010, waren es vor allem die deutschen Piraten, die maßgeblich zur Gründung und Wirken dieser Institution beigetragen haben. Das war bei der Gründung der PPEU ab 2012 ebenfalls so.

Alle Ressourcen werden und wurden weitegehen kostenlos zur Verfügung gestellt und eigene Auslagen wie Reisekosten etc. privat getragen. Allein bei mir kommt in 13 Jahren ein hoher fünfstelliger Betrag zusammen.

Es ist völlig normal, dass sich auch deutsche Piraten in Vorständen und Organen von PPI und PPEU einbringen (wollen). Durch deren Satzungen ist es relativ schwer, dass hier eine Dominanz eintritt. Das war durchaus gewollt.

In der Regel hat die Arbeit in diesen Gremien sehr gut funktioniert, auch wenn man über die Effektivität streiten kann. Wenn man z.B. 8 Vorstandssitzungen in der PPEU benötigt, um ein einfaches Council-Meeting zu organisieren, ist das mühsam. Normalerweise macht das ein Orgateam.

Wir haben im Jahr 2022 in Brüssel sogar gelernt, dass so ein Meeting auf meine Empfehlung hin hybrid – also online und in Präsenz – abgehalten werden kann (wäre für einen BPT in der PP-DE nicht zu machen, alles Neuland hier).

Früher wurde so etwas sehr kompliziert mit „Remote Delegates“ gelöst. Da wusste man nie genau, welche Position der Delegierte tatsächlich vertritt, insbesondere weil es zu Stimmenhäufungen gekommen ist.

Was war geschehen?

Seit Ende 2018 hat sich die Lage insbesondere in der PPEU fundamental verändert. Hier wurden plötzlich Vorwürfe gegen einen deutschen Piraten lanciert, der angeblich eine isländische Piratin verbal und sexistisch angegriffen haben soll.

Hintergrund war die Vorbereitung des Council-Meetings im Dezember 2018 in Reykjavik, bei der es unterschiedlichen Meinung über die Leitung und Organisation des Meetings gegeben hat. An sich nichts Spektakuläres.

Was tatsächlich vorgefallen ist, wurde nie mitgeteilt, belegt oder untersucht. Allerdings wurden sämtliche Kanäle in den sozialen Medien mit hohen Reichweiten zu nutzen, um die angeblichen Vorfälle hochzuspielen. Die angeblich attackierte Dame spielt keine Rolle mehr.

Der damalige Vorstand der Piratenpartei Deutschland machte sich diese Vorwürfe zu eigen und erklärte den angeblichen Delinquenten zur Persona non grata – bis heute.

Im November 2020 ereignete sich ein Vorfall in einem Freizeitspace der PPI, dem „Pirate Beer“. Hier war wohl ein ziemlich bekannter Pirat aus Österreich stark angetrunken und faselte was von einem „Video und Raping an Unicorns“. Arme Einhörner.

Das ist zwar sehr unschön, aber hatte einen ganz anderen Hintergrund (Videofilmerei in der Jugend). Wer so einen Blödsinn erzählt, ist zumindest temporär unzurechnungsfähig und gut ist.

Aber es setzte sich sofort eine Art Betroffenheitsmaschinerie in Bewegung, in deren Strudel das kanadische Mitglied aus dem PPI-Board geriet und zusätzlich von einer ehemaligen Freundin (O.) aus den USA attackiert wurde.

Das schaukelte sich hoch und wieder machte sich der Vorstand der PP-DE die Vorwürfe zu eigen – unterlag aber dem Missverständnis, dass der böse Harrasser ein deutscher Pirat wäre.

Nachdem der Irrtum mit großem Getöse aufgeflogen war, wurde das Schiedsgericht der Piratenpartei Österreich (PP-AT) zur Klärung der Vorwürfe eingeschaltet, zu dem der o.a. Urheber (siehe Pirate Beer) einen sehr guten Kontakt hat.

In der Zwischenzeit zog die Affäre große Kreise und es äußerte sich ein Mitglied aus dem LV Bayern sozusagen als Zeuge. Das war Anlass, erneut das Schiedsgericht der PP-AT seitens des Vorstandes der PP-AT anzurufen, um den deutschen Kollegen von seiner zusätzlichen Mitgliedschaft in der PP-AT zu befreien.

Natürlich stärken solche Vorgänge das Ego des o.a. Piraten mit dem besonderen Verhältnis zu Einhörnern.
Zwischenzeitlich beruhigte sich aber wenigstens die Hetzjagd auf das o.a. Vorstandsmitglied aus Kanada. Die fleißige Schreiberin (O.) aus den USA wurde fortan einfach ignoriert und spielt jetzt international keine Rolle mehr. Ein guter Move.

Im Vorstand der PPEU missfiel es manchen Leuten, dass ich seit Jahren täglich in einem erheblichen Umfang Vorstandsarbeit umsetze und die IT betreue. In fast jeder Sitzung seit 2018 fand ein regelgerechtes Mobbing statt und es entwickelte sich eine Achse zwischen Skandinaviern, einem Italiener und Franzosen.

Zunächst wurde 2016 von den isländischen Piraten ein Code of Conduct (also Compliance-Regeln) mit einem Council zur Klärung von Streitfragen eingeführt (nach meiner Vermutung, um ein offiziöses Mittel gegen die bösen Deutschen in die Hand zu bekommen).

Aber die deutschen Piraten waren letztlich sehr zufrieden mit diesen Regeln, denn sie gelten für alle (eine Möglichkeit, die die Autoren wohl übersehen hatten).
Ich habe sogar dafür gesorgt, dass dieser CoC in die Geschäftsordnung des PPEU-Vorstandes eingefügt wurde.

Es ist auch in Vorstandssitzung der PPEU üblich, dass die Vorstandsmitglieder zu Beginn über ihre Tätigkeiten seit der letzten Vorstandsitzung berichten. Natürlich ist es auffällig, wenn ich eine sehr lange Liste einreiche, die (trotzdem nur) eine kurze Übersicht über meine Arbeit darstellt und die überwiegende Anzahl der Mitglieder entweder „nothing to report“ in das Protokoll schreiben oder gar nicht erst erscheinen.

Die Lösung dieses Problem bestand darin, zukünftig auf alle Reports zu verzichten – ich habe meine Aufstellung unter AOB (Sonstiges) dennoch eingefügt, auch wenn es teilweise zu einem kleinen Editwar geführt hat.

Umgang miteinander

Anschreien und Anbrüllen in Vorstandssitzungen der PPEU oder PPI sind in den über 10 Jahren eher selten gewesen. Das änderte sich, als sich die französischen Teilnehmer zunehmend in den Sitzungen bemerkbar gemacht haben.

Manchmal klang das mangels der eigenen Stimmmächtigkeit ziemlich schräg. Ein norwegischer Pirat hat eine sehr mächtige und laute Stimme, das kann man leicht mit Brüllen verwechseln.

Im April 2021 beleidigte mich die heutige PPI-Vorsitzende als „misogynistisches Arschloch“ und

als „Mansplainer“, was ich zudem als sexuelle Belästigung empfunden habe.

Ich wurde gebeten, diesen Vorfall nicht weiter zu eskalieren, sondern dem sogenannten CoC Council zu Beurteilung zu übergeben.
Die Antwort hat bis zum November 2021 auf sich warten lassen und der Vorfall wurde als „Sprachproblem“ gewertet. Eine Entschuldigung gab es bis heute nicht. Aber man konnte im Netz den Jubel der Dame nachlesen. Ich werde zukünftig einen anderen Weg wählen, um mich zu wehren.

Die nächste Affäre wurde im Zusammenhang mit der hektisch angesetzten Spenden-Kampagne zu „Aid Ukraine“ erfunden. Wenn man sich über einen möglichen Misserfolg im Klaren ist, kann man meine Bedenken zu einer solchen Kampagne gerne ignorieren.

Die Kampagne lief nicht gut und leider hatte das o.a. Mitglied der PP-AT die Gestaltung des Webauftritts übernommen. Dieser war recht seltsam, nun ja.

Jetzt schlug das Imperium zurück und unterstellte mir im Mai 2022, ich würde Spendengelder veruntreuen, auf die ich gar keinen Zugriff habe (ich hatte und habe bis heute keine Zugänge zu den Bankkonten von PPEU und PPI bekommen, obwohl ich der Schatzmeister war).

Allenfalls hatte ich einen Zugriff auf das extra eingerichtete Spendenkonto der PPI bei PayPal.

Nachdem der Vorstand beschlossen hatte, das überschaubare Guthaben, ohne jeden Spendenzweck an den Kollegen aus Norwegen zu überweisen, habe ich den Auftrag trotz schwerer rechtlicher Bedenken umgehend ausgeführt. Eine Abrechnung dieser Spenden haben wir bis heute nicht erhalten.

Dass mir mit einem Strafantrag gedroht wurde, ist nicht nur schlechter Stil. Damit war die Kampagne beendet und es ist ein erheblicher Scherbenhaufen entstanden.

Die o.a. Österreicher hat den mittels des Vorstandes der PP-AT eine Klage beim PPI-Schiedsgericht (CoA) eingereicht, die bis heute nicht bearbeitet wurde. In der Klageschrift wurde mein Name 65mal erwähnt. Das heißt nicht, dass auch nur ein Vorwurf berechtigt gewesen wäre.

Die PP-AT ist danach aus der PPI als ordentlichen Mitglied ausgetreten (aber blieb als „Beobachter“). Dass die PP-AT jemals in der PPI mitgearbeitet hätte, außer dass ihr Vertreter auf den Generalversammlungen (GA) gestänkert hat, ist mir nicht aufgefallen.

Meine Wahl innerhalb des PPI-Vorstandes auch für 2022/2023 mangels Alternative die Funktion des Schatzmeisters weiterhin zu übernehmen, obwohl ich nur ein „Alternate Board Member“ bin, führte in diesem Zusammenhang – verbunden mit der Austrittsdrohung der PP-NO – zu meiner Absetzung als Schatzmeister (das ist zwar nirgendwo codifiziert, aber gut).

Sicherlich muss man die Satzung schon sehr großzügig interpretieren, aber ohne Schatzmeister geht es nun auch nicht.

Im PPEU-Vorstand eskalierte die Sitzung am 15. März 2023, nachdem ich mitgeteilt habe, auf dem bevorstehenden Council-Meeting nicht mehr für den Vorstand zu kandidieren. Die derzeitige PPI-Vorsitzende jubelte im Chat und würzte den Jubel ein paar sehr abfälligen Bemerkungen.

Ich habe mich über dieses unmögliche Verhalten beschwert und festgestellt, dass diese Dame mit ihrem Verhalten die ganze Piratenbewegung gegen die Wand fährt.

Sie fing an zu Schreien und bezeichnete mich als „Bitch“. Ich habe daraufhin relativ ruhig mit „ja ich bin eine Bitch, Du bist eine Bitch alles gut, kannst Du bitte mal mit dem Schreien aufhören?“

Das ist alles aufgezeichnet und man kann es nachhören. Wenn man diese Szene allerdings geschickt schneidet, kommt nur mein Statement raus – blöd ist allerdings, wenn man die Raw-Datei hat. Aber allein an meiner Tonlage kann man leicht erkennen, wir dieser Spruch wirklich gemeint war.

Kommen wir zum aktuellen Schlussakt

Zunächst wurde die derzeitige Vorsitzende der PPI auf der letzten GA im Januar 2023 auf ihren Posten gewählt. Da hier das Prinzip „One-Country-one-Vote“ gilt, war diese Wahl einfach zu bestreiten. Man muss nur ein paar Stimmen sammeln.

Bei dieser GA haben Piratenparteien abgestimmt, die sonst nie erscheinen und wurden von völlig unbekannten Leuten vertreten.

Die GA war eine sehr unwürdige Veranstaltung, weil die Kandidatenvorstellungen eher im Modus Schreien, Brüllen und Beleidigen (von wem wohl?) abgelaufen sind. Die Versammlungsleitung hatte alle Mühe, nicht die Fassung zu verlieren.

Aber die Gegenwehr anderen Teilnehmer war bis auf eine Ausnahme sehr schwach.

Sowohl die konstituierende Sitzung der PPI als auch die folgenden waren sehr unangenehm und eskalierte am 23. April 2023 zu einem Abbruch, da man nicht einmal über die Formalia hinauskam;

Schreien, Brüllen und Beleidigen (von wem wohl?). Diesmal wurde darüber gestritten, was der Begriff „öffentliche Sitzung“ wohl bedeutet.

Es war – wie letzten Jahre auch (unbeanstandet!) ein Franzose anwesend, der wohl von irgendeinem Rat (einen formellen Vorstand hat die PP-FR wohl nicht) zur „Persona non grata“ erklärt worden ist. Angebliche sexuelle Belästigung (gegen wen?) war wohl der Grund.

Gut, dass sich die PPI-Vorsitzende just auf der Sitzung nach mehreren Jahren genau erinnern konnte (obwohl der Kollege seit Jahren an den Sitzungen unbeanstandet (!) teilgenommen hat). 😉

Wie geht es weiter?

Das PPEU-Council hat im April in Straßburg ein relativ gut austariertes Board gewählt. Ich sehe allenfalls ein Problem mit einem Vorstandsmitglied, das auch sein Unwesen im CoA der PPI treibt. Zunächst einmal muss das gemeinsame europäische Wahlprogramm finalisiert werden, was man auf Council-Meeting nicht mal zur Hälfte geschafft hat. Ob das zusammenschweißt und ob überhaupt noch eine unbelastete Arbeit im neuen Vorstand möglich ist, wird man sehen.

Jedenfalls sind erhebliche Risse entstanden, die auch durch Kräfte in der Piratenpartei Deutschland massiv vorangetrieben worden sind.

Die PPI scheint zurzeit ein Trümmerhaufen zu sein, somit ist der Plan aufgegangen, hier Unruhe zu stiften.

Am 1. Mai 2023 wurde die chaotische Sitzung des PPI-Boards fortgesetzt – allerdings unter anderen Vorzeichen. Es waren wohl im Hintergrund viele Gespräche über die Zukunft der PPI geführt wurden.

Diese Sitzung verlief gesittet, allerdings konnte man die Anspannung aller Beteiligten spüren.

 

Es muss sich erst noch zeigen, ob dies nur ein kurzzeitiger Effekt ist.