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Julian Assange ist frei

Julian Assange ist frei und wir begrüßen das außerordentlich.

Viele Menschen haben sich mit ihm solidarisiert, weil er Kriegsverbrechen aufgedeckt und somit den Wert eines engagierten, investigativen Journalismus aufgezeigt hat.

Nicht für jeden, aber für viele.

Julian Assange wird und wurde von vielen Medien und Journalisten unterstützt, die in dem Fall „Assange“ einen massiven Bruch der Pressefreiheit durch die staatlichen Organe in Schweden, Großbritannien und der den betroffenen Vereinigten Staaten von Amerika gesehen worden.

Bloß ist das alles so?

Zunächst einmal fing alles im Jahr 2010 an. Die 2009 als „Wikileaks“ gegründete Plattform wurde von Assange 2010/2011 quasi übernommen, um als Plattform auch geheimes Material (z.B. „Cable Gate“ und „Gitmo Files“) veröffentlichen – natürlich auch Kriegsverbrechen.

Keinem Staat gefällt es, wenn seine Staatsgeheimnisse an die Öffentlichkeit dringen, selbst wenn seine Soldaten Kriegsverbrechen begehen. In der neueren Zeit fällt dazu Mỹ Lai in Vietnam 1968 ein. Aber da gab es noch kein Internet. Herausgekommen ist die Schweinerei trotzdem.

Wie so bei vielem, was im Namen einer Art höheren Macht „notwendig“ erscheint, um die Ordnung wieder herzustellen, also den Interessen von Staaten und nicht denen von Menschen zu dienen.

Wikileaks hat nicht nur das Video veröffentlicht, das als „Collateral Murder“ bekannt geworden ist, also die Ermordung von Zivilisten als eine Art Zeitvertreib von Soldaten.
https://www.amnesty.at/themen/meinungs-und-pressefreiheit/was-chelsea-manning-und-julian-assange-auf-wikileaks-enthuellten/

Hier hätte die Regierung, bzw. die von ihr befehligte Armee schon von Amts wegen ein Kriegsgerichtsverfahren einleiten müssen – so wie das vermutlich auch in Hunderten an ähnlich gelagerten Fällen hätte passieren müssen.

Das Video ist nur ein sogenannter Leuchtturm an menschlicher Abartigkeit.

Aber wie sieht es denn mit dem Ansinnen aus, eine ganze Plattform dafür einzurichten, um Staatsgeheimnisse zu veröffentlichen?
Die Trennschärfe zwischen Pressefreiheit und Verrat nimmt deutlich ab. Und der bedingungslose Wunsch nach Offenlegung aller Staatgeheimnisse wird dann gefährlich, wenn es quasi nur um die USA geht.
Staaten haben Feinde und werden von feindlichen Regierungen bekämpft. Einen klaren Trennstrich kann man dort ziehen, wo der Staat gesetzeswidrig gegen seine Bürger bzw. andere Menschen vorgeht.

Im Fall Assange wurde ein Geheimdienstplan der USA aufgedeckt, ihn in Großbritannien zu ermorden. Da kann schon fast dankbar sein, dass er bis zu seiner Ausreise Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh eingepfercht war und vermutlich sogar sein Essen kontrolliert worden ist, auch wenn man selbst an einem solchen Ort nicht vor sich hinvegetieren möchte.

Wie ist Julian Assange eigentlich nach Großbritannien gekommen?

David G Silvers, Cancillería del Ecuador, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/lic
David G Silvers, Cancillería del Ecuador, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/lic

 

2010 hat die schwedische Justiz ein Verfahren wegen Vergewaltigung eingeleitet, wobei der Begriff Vergewaltigung in Schweden sehr eng ausgelegt wird. Aber auch schwedische Gesetze muss man beachten.
Julian Assange hatte sich nach Großbritannien abgesetzt und begründete diesen Umstand mit dem vermeintlichen Vorhaben, dass die schwedische Regierung einen Vorwand benutzt, um einen australischen Staatsbürger, der er nun einmal ist, in die USA auszuliefern, wo ihm die Todesstrafe für Verrat droht.

Nachdem Schweden das Verfahren eingestellt hat, war das Gastrecht von Assange in Großbritannien wohl erloschen und er bat die Regierung von Ecuador um Asyl und erhielt 2018 sogar die ecuadorianische Staatsbürgerschaft.
Ein Umstand, der nützlich war, um weitere 7 Jahre in der Botschaft in Ecuador als Gast zu wohnen, bis ihm die Staatsbürgerschaft durch den Präsidenten Moreno wieder entzogen wurde und 2019 der Ball bei den britischen Behörden lag, die nunmehr über seine Auslieferung an die USA zu entscheiden hatte. Dieses Verfahren zog sich bis 2024 hin, bis der britische High Court die Verhältnismäßigkeit angezweifelt hat.

Dies war der springende Punkt, der der Biden-Regierung ermöglicht hat, in Wahlkampfzeiten kreativ zu handeln, sodass jetzt von dem US-Bezirksgericht auf den „Nördlichen Marianen“ (einer Art zivilen Guantánamo) in der Nähe von Australien einen Deal zu siegeln: Er bekennt sich schuldig und das Strafmaß gilt durch die Haft im Hochsicherheitsgefängnis HMP Belmarsh als verbüßt. Ob das eine Überlebensgarantie ist, weiß niemand so genau.

Letztlich zeigt der Fall, dass eine starke und hartnäckige Öffentlichkeit auch Regierungen, die sich als 100 % rechtsstaatlich bezeichnen, es aber sogar mit ihrer eigenen Verfassung nicht so genau nehmen, unter Handlungsdruck setzen können.

Man wünschte sich, dass dies auch für Murat Kurnaz so gewesen wäre, der nach Guantánamo entführt und 4 Jahre ohne Urteil dort festgehalten wurde. Und Guantánamo steht auch noch, mit jetzt noch 30 von 779 Gefangenen, die dort seit 20 Jahren ohne Urteil inhaftiert sind.


Linksammlung:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/61/CollateralMurder.ogv?download
https://de.wikipedia.org/wiki/Julian_Assange
https://de.wikipedia.org/wiki/Vault_7#cite_note-4
https://netzpolitik.org/2021/julian-assange-die-rache-der-cia/
https://de.wikipedia.org/wiki/WikiLeaks#cite_note-DatenWaffen-24
https://www.sueddeutsche.de/politik/julian-assange-frei-wikileaks-deal-justiz-usa-grossbritannien-lux.SPYPrrq4b4DFzqTTjtrbwX
https://de.wikipedia.org/wiki/N%C3%B6rdliche_Marianen
https://www.amnesty.at/themen/meinungs-und-pressefreiheit/was-chelsea-manning-und-julian-assange-auf-wikileaks-enthuellten/
https://de.wikipedia.org/wiki/Murat_Kurnaz
https://de.wikipedia.org/wiki/Gefangenenlager_der_Guantanamo_Bay_Naval_Base
https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_M%E1%BB%B9_Lai